Der zweite Versuch!

Heute morgen hieß es wieder Aufbruch in Richtung Süden zur Botschaft von Myanmar. Diesmal ging es etwas schneller. Den Weg kannte ich ja nun. Gegen 8:30 Uhr traf ich ein. Das Gute war, dass die Botschaft heute augenscheinlich geöffnet hatte. Das konnte man, und das war das Schlechte, daran erkennen, dass die Schlange der Wartenden bereits einmal um das Eck des Gebäudes ging. Nun hieß es erst einmal anstellen.

Kurz vor 9:00 Uhr öffneten sich dann die Türen und ein erster Schwung an Leuten drang in das Gebäude. Gegen 10:00 Uhr war ich auch im Innenraum angekommen. Dort hieß es dann noch einmal eineinhalb Stunden warten. Genug Zeit um alle Formulare auszufüllen.
Halb zwölf war ich dann auch endlich an der Reihe meinen Antrag abzugeben. Abholen konnte ich das Visum dann ab ca. 15:30 Uhr. Nun hieß es aber erst einmal die Zeit bis dahin überbrücken. Gestern hatte ich mir ja unfreiwilliger Weise schon einige Sachen anschauen können.

Da es nun Zeit für das Mittagessen war, zog ich durch die Straßen und ließ mich in einem kleinen Straßenimbiss nieder. Das hatte ich mir nach der ganzen Warterei auch verdient. Danach zog ich weiter.
So langsam machte sich auch das frühe Aufstehen bemerkbar. Weiter laufen konnte ich jedenfalls nicht mehr. Daher machte ich eine lange Rast an einem kleinen Platz wo lokale Künstler ihre Arbeiten in kleinen Galerien ausstellten. Dort waren mitunter sehr schöne Werke dabei. Man konnte den Kunstschaffenden sogar bei der Arbeit über die Schulter schauen. Nur fotografieren war verboten. Dort fand ich schließlich ein paar Bänke im Schatten, die quasi dazu einluden etwas zu dösen.

Gegen 15:00 Uhr machte ich mich dann langsam wieder auf in Richtung Botschaft. Dort hatten sich bereits eine enorme Anzahl an Leuten eingefunden. Viele kamen mir vom Vormittag bekannt vor. Gegen 15:30 Uhr sollte die Botschaft eigentlich öffnen. Nichts passierte. 15:45 Uhr. Nichts. 16:00 Uhr. Immer noch nichts. Irgendwas war hier faul. Auffällig war, dass von Zeit zu Zeit vereinzelt Leute die Botschaft verließen.
Inzwischen war es 16:15 Uhr. Die Menschen wurden langsam unruhig. Es wurde getuschelt. Und dann war klar was los war. Die Leute, die die Botschaft verließen, waren immer noch die letzten Antragsteller von heute Mittag! Das war also die Rache dafür, dass die Niederlassung gestern unverhofft geschlossen hatte. Aber was war nun mit den Visa, die jetzt abgeholt werden sollten?!

Mittlerweile war es 16:30 Uhr und die Botschaft hatte offiziell geschlossen. Die Leute wurden nun augenscheinlich unruhiger und nervöser. Viele musste heute noch ihren Anschluss, Flug bzw. Zug, erreichen. Das sah nicht gut aus. Immer noch verließen Leute die Botschaft.
Der Mann, der überaus eifrig darauf erpicht war die Tür geschlossen zu halten und darauf zu achten, dass keiner das Gebäude betratt, ließ sich dann doch dazu herab eine Ansage zu machen. Die Botschaft sollte gegen 17:00 Uhr geöffnet werden. Na das war ja zumindest ein Anfang. Für einige Leute war wohl auch das anscheinend zu spät. Das Gedränge nahe des Eingangs wurde größer. Vereinzelt begannen die Personen nun dem Mitarbeiter der Botschaft ihre Quittungen entgegenzustrecken mit den Hinweis „We have to get our plane!“. Schließlich nahm der Mann einiger Zettel an und kam nach ca. 10 Minuten mit den passenden Pässen wieder raus. Das ganze Spiel wiederholte sich etliche Male.

Dann war es endlich soweit. Kurz nach 17:00 Uhr öffneten sich die Türen. Die Leute strömten in die Botschaft als gäbe es kein morgen. Es war schlimmer als bei einem Handtaschenausverkauf bei Gucci. Und ich mittendrin. Schließlich schaffte ich es in eine der ersten Reihen im Gebäude. Bald würde ich endlich meine Pass nebst Visum in den Händen halten.
Nach einer Stunde warten dann die Ernüchterung. Es tat sich rein gar nichts. Die Leute in die Botschaft zu lassen war nur eine taktische Finte. Eine Beruhigungsmaßname. Und noch blieb es ruhig.

Während des Wartens hatten man genug Gelegenheit sich mit anderen Leuten auszutauschen. Ein Großteil nahm die Situation mit Humor. Was sollte man auch anderes tun. Auch ich kam in Kontakt mit einigen Mitarbeitern diverser Visa-Agenturen. Diese erledigen alle Formalitäten gegen eine zugegebenermaßen doch üppige Gebühr. Angesichts der heutigen Umstände schien das aber mehr als gerechtfertigt.
Auf meine Nachfrage hin erzählten mir die Leute, dass selbst sie so etwas in ihrer langen Tätigkeit noch nicht erlebt hatten. Die Situation war so kurios, dass selbst diese erfahrenen Agenten Fotos machten. Das muss man sich mal vorstellen.

Keiner hatte irgendwelche Informationen. Nichts. Es war auch unsicher ob die Visa heute überhaupt noch alle bearbeitet werden. Gegen 19:00 Uhr tat sich was hinter dem Vorhang. Die Leute horchten erwartungsvoll auf. Für einen Augenblick kehrte Ruhe ein. Und dann? Nichts! Wieder nichts! Es war einfach zum Haare raufen.
Auf einmal, es war nun 19:15 Uhr, ging ein Licht hinter dem Vorhang an und er wurde aufgezogen. Und die Leute, kein Witz, begannen zu applaudieren. Die Mitarbeiter der Botschaft konnten sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen.

Nach geschlagenen vier Stunden warten tat sich nun endlich was. Die Schalter öffneten sich und langsam wurden die Pässe ausgegeben. Gegen 19:30 Uhr hielt ich Meinen dann auch endlich in den Händen. Mit Visum. Jetzt wollte ich nur noch was essen und zurück ins Hotel. Leider musste ich aber noch zum Bahnhof das Zugticket für Chiang Mai kaufen. Im Vergleich zu dem restlichen Tag war das aber nun definitiv kein Problem mehr.