Smartphones und Betel Nut

Jetzt musste ich noch die Zeit bis zu der Abfahrt meines Zuges nach Mandalay überbrücken. Also nahm ich in der Rezeption des Hotels platz und schaute mit den anderen Leute etwas Fern.
In der Unterkunft war ich übrigens der einzige Ausländer. Der Rest waren burmesische Gastarbeiter auf Montage, welche nur für ein paar Tage in der Stadt waren. Aber dennoch war die Stimmung stets freundlich.

Während wir so auf den Bänken saßen und kollektiv in die Röhre starten, kam ich plötzlich ins Gespräch mit einem der Hotelangestellten. Er konnte sehr gut Englisch. Wir unterhielten uns viel, vor allem über das Land und den Handywahn der Jugend.
Für mich ist das ja schon etwas befremdlich. Die Menschen in Myanmar haben wenig Geld und was machen die Jungen damit? Sie kaufen sich ein Smartphone! Hierzulande gilt das als Art Statussymbol. Ich kann mir diese technische Spielerei leisten. Dafür verzichten die Leute teilweise sogar auf das Essen. Ich finde das total absurd.
Viele haben auch keine Simkarte, die kostet nämlich extra, sondern nur das Gerät, an dem sie die ganze Zeit hängen wie Junkies an der Nadel. Sicherlich sind die Smartphones im Vergleich zu Europa sehr günstig, aber man muss auch immer das Einkommen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe berücksichtigen. Und für diese Menschen sind 30 Dollar im Monat, soviel zahlt beispielsweise mein Gesprächspartner, viel Geld. Aber das muss halt jeder für sich selbst entscheiden.

Die zweite Eigenart welche mir ausführlich erklärt wurde, war das Kauen der Betel Nut. Ich hatte mich schon immer gefragt, was die Leute da die ganze Zeit im Mund haben, kauen und dann wieder ausspucken.
In Myanmar und anderen asiatischen Ländern ist das Kauen der Betel Nut üblich. Es gehört mit zu der Kultur der Leute. Ein Paket besteht aus dem Betel Leave, das Blatt einer anderen Pflanze, welches mit einem organischen, weißen Kleber bestrichen wird. Darauf kommt etwas Tabak und zum Schluss ein Stück der getrockneten Betel Nut. Das Blatt wird dann zusammengefaltet und fertig ist der seltsame Kauspaß. Mir wurde mitgeteilt, dass es sogar verschiedene Geschmacksrichtungen gibt. Darunter auch eine etwas süßliche ohne Tabak für Jungen und Frauen. Letztere dürfen die Nuss übrigens nur kauen wenn sie verheiratet sind. Andernfalls wird ihnen das äußerst negativ ausgelegt und das Ansehen der Damen leidet erheblich darunter.

Nach den ganzen Erklärungen wollte ich es mir nicht nehmen lassen so ein Teil mal zu probieren, allerdings ohne Tabak. Ich muss schon sagen, der Geschmack ist sehr seltsam. Ich kann das nicht in Worte fassen oder beschreiben. Jedenfalls mal wieder eine neue Erfahrung. Der Nuss wird übrigens eine berauschende Wirkung nachgesagt, von der ich während meines Konsums nichts mitbekommen habe.
Mir wurde auch dringend angeraten den Speichel unbedingt auszuspucken. Die Inhaltsstoffe der Nuss sind sehr reizend für den Magen. Den kann man sich damit nämlich gehörig verderben. Daher spucken die Leute das Zeug immer die ganze Zeit überall hin. In den Restaurants gibt es unter den Tischen sogar separate Behältnisse dafür. Auch dieses Mysterium war damit geklärt.

Die Leute in Myanmar scheinen regelrecht abhängig davon zu sein. Ich denke aber es ist wenn dann eher Eine psychischer Natur, eine schlechte Angewohnheit. Selbst die Jugendlichen konsumieren das regelmäßig. Sie kennen es ja nicht anders. Allerdings ist ein übermäßiger Genuss der Gesundheit nicht unbedingt förderlich. Na ja, ich lebe zumindest noch und das war neben ein paar Insekten das Seltsamste was ich bis dato auf meiner Reise probiert habe.

Radtour ins Umland

Am heutigen Tag wollte ich die Gegend um Taungoo mit dem Rad erkunden. Zunächst musste ich aber noch einmal zum Bahnhof um mir meine Fahrkarte nach Mandalay zu organisieren. Das verlief ganz ohne Probleme. Zurück im Hotel lieh ich mir schließlich ein Rad und macht mich auf den Weg.

Wie eingangs erwähnt gibt es in Taungoo wenig Touristisches. Also ließ ich mich etwas treiben, fuhr mal hier und mal da hin. So entdeckte ich schließlich ein paar Jugendliche, welche mit den in Myanmar üblichen kleinen, geflochtenen Bällen spielen.

Zudem konnte man auch noch etwas von der Landschaft genießen, welche nicht ganz so grandios war als zuvor. Aber besonders die Wolken fand ich sehr surreal.

Am späten Nachmittag machte ich mich wieder zurück auf den Weg in die Stadt. Dort angekommen ging ich wieder in das gestern besuchte Restaurant, da es mir dort so gut gefiel. Kaum hatte ich Platz genommen, dauerte es nicht lange und das Essen stand auf meinem Tisch. Genau das gleiche Mahl wie gestern. Anscheinend hatte ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Genüsslich widmete ich mich meiner Nudelsuppe. Dann machte ich mich wieder zurück auf den Weg in mein Hotel. Schließlich musste ich noch zum Bahnhof und von da aus weiter mit dem Zug nach Mandalay.

Wie ein Alien

Heute morgen ging es mit dem Zug von Bago aus weiter in Richtung Norden nach Taungoo. Die kleine, verschlafene Ortschaft liegt etwa auf halber Strecke zwischen Yangon und Mandalay und bot sich daher für einen kurzen Zwischenstopp an.
Wie ich feststellen konnte ist diese gemütliche und bezaubernde Stadt genau richtig um etwas abzuschalten und auszuspannen. Im Prinzip gibt es dort nicht allzu viel zu entdecken oder zu sehen außer das alltägliche Leben der Menschen. Aber gerade das kann mitunter auch sehr spannend sein.

Die Zugfahrt dauerte reichliche vier Stunden. Sie bot genug Zeit um die Landschaft ausreichend zu bewundern. Ich muss schon sagen, dass Myanmar diesbezüglich echt ein Traum ist und so Einiges zu bieten hat. Auf der Schiene kann man das so richtig genießen.

Alsbald erregte ich im Zug die Aufmerksamkeit eines kleinen Mädchens. Anscheinend waren ihr noch nicht so viele Ausländer, insbesondere Europäer, begegnet. Überraschender Weise sprach sie auch etwas Englisch, zumindest besser als die meisten Erwachsenen. Während der Zugfahrt unterhielten wir uns etwas. Zudem bot sie mir einstweilen in unregelmäßigen Abständen diverse Speisen an. Dabei reichte das Spektrum von Süßigkeiten in Form von gefüllten Donouts bis hin zu gerösteten Sonnenblumenkernen. So verging die Zeit dann doch recht schnell.

In Taungoo angekommen wurde ich gleich von vier, fünf Taxifahrern belagert, sich alle um meine Gunst bemühend. Nach einigem Hin und Her und einer kurzen Stippvisite im Bahnschalter, viel der Preis dann um 25%. Also suchte ich mir einen Fahrer aus und dann ging es auf dem Motorrad mit Sack und Pack in ein Hotel. Den Preis dafür hatte ich schon vorher in Erfahrung bringen können.
Dort angekommen erst mal das übliche Prozedere beim Einchecken: Pass und Visa. Danach machte ich mich auf die Suche nach etwas Essbarem. Die kleinen und durchaus leckeren Snacks des Mädchens im Zug hatten zwar geholfen den Hunger etwas im Zaun zu halten, aber nun machte er sich deutlich bemerkbar.

Entgegen der Restaurantempfehlung des Hotels schlenderte ich etwas durch die Straßen und fand ein kleines, gut mit Einheimischen gefülltes Lokal. Das ist schließlich immer ein gutes Zeichen.
Beim Betreten des Gastraumes wurde ich etwas argwöhnisch beäugt sowie intensiv gemustert. Dabei kam ich mir vor wie ein Alien, hatte ich bis jetzt noch keinen einzigen Ausländer im Dorf wahrnehmen können. Touristen sind in diesem Ort sehr rar und daher selten gesehene Gäste. Für die Einheimischen ist so komischer Mensch aus einer anderen Welt noch etwas Besonderes. Daher das allgemeine Erstaunen. Ein merkwürdiges Gefühl.

Nachdem ich Platz genommen hatte, Unsicherheit auf beiden Seiten. Vor allem bei der Kellnerin. Ständig blicke sie mich ahnungslos an und dann wieder schüchtern auf den Boden. Schließlich konnte ich mittels Gesten klar machen, dass ich etwas zu Essen wollte. Eine Art Speisekarte gab es allerdings nicht. Also zeigte ich auf ein Gericht vom Nachbartisch, welches ganz gut aussah.

Alsbald wurde ich von einem Mann angesprochen, der sich gerade eine Zigarre anzündete. Nach einem kurzen Plausch mit ihm kam dann auch schon das georderte Mahl. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Die Nudeln mit allerlei Gemüse und Fleisch inkl. einer Suppe, oder vielmehr einer Brühe, waren sehr lecker. Vor allem die Brühe. Das konnte ich auch der Kellnerin verständlich machen. Nachdem ich die Suppe restlos verputzt hatte, wurde mir auf mein Lob hin prompt eine zweite hingestellt. Das nenne ich mal Service.

Nach dem reichhaltigen und überaus günstigen Essen nahm ich mir noch Zeit und verweilte etwas in dem kleinen Lokal um die Leute bei ihren alltäglichen Arbeiten zu beobachten. Auch ich wurde aus den Augenwinkeln der Einheimischen immer wieder das ein oder andere Mal beäugt.
Im Anschluss an meine ausgiebige Rast zog ich noch etwas durch die Straßen und schaute mir die Shwesandaw Pagode an.

Dort fand ich dann ein Exemplar der sehr viel in Myanmar auf den Straßen fahrenden und etwas seltsam anmutenden Vehikel. Eine Art Truck mit einem alten Traktormotor. Die Dinger sind schon schräg.

Der erste Abend endete dann in dem kleinen Café Sun Date, wohl das hippe Lokal des Ortes, bei etwas Tee.

Wie auf ’nem Pferd

Nach den ersten paar Tagen in der quirligen Stadt Yangon, ging es heute morgen mit der Bahn weiter nach Bago. Da der Zug gegen 8:00 Uhr startete, hieß es früh aufstehen – na ja zumindest für meine Verhältnisse. Zum Glück war der Bahnhof aber in Laufweite. Das Ticket hatte ich mir bereits am Tag zuvor für einen unschlagbaren Euro gekauft.

Die kurze Fahrt dauerte nur ca. 1 ½ Stunden, war aber dennoch ein Erlebnis für sich. Es war das erste Mal, dass ich den Zug in Myanmar nutzte. Die Gleisanlagen entsprechen, sagen wir mal, nicht unbedingt dem Standard der Deutschen Bahn. Mitunter haben die Wagons auf den Schienen einen Versatz von bis zu einem halben Meter! Permanent wird man durchgerüttelt und -geschüttelt. Teilweise ist es so, als würde man auf einem Pferd reiten, wird man auf einigen Streckenabschnitten ein paar Zentimeter in die Luft geschleudert. Da hat sich das Ticket für die Upper Class mit den gepolsterten Sitzen wirklich gelohnt. Auf den Holzbänken der Ordinary Class hätte man sich wahrscheinlich den aller Wertesten gebrochen.

Nicht, dass hier der Eindruck entsteht ich würde die Bahn in Myanmar schlecht machen wollen. Ich fand es im Gegenteil eine sehr sympathische Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Man kann zum Einen die wundervolle und reichhaltige Landschaft genießen und kommt zum Anderen viel in Kontakt mit den Einheimischen. Jeder der Myanmar besucht sollte dieses Erlebnis unbedingt wagen und mindestens einmal mit dem Zug fahren.